Kriegswirtschaft und KZ-Außenlager in der Sächsischen Schweiz

Dieser Text erschien erstmalig im Jahr 2020 in dem vom Stadtmuseum Pirna herausgegebenen Sammelband "1945 - Kriegsende in der Sächsischen Schweiz". In diesem Sammelband mit 17 Beiträgen legte das Stadtmuseum Pirna eine umfangreiche Veröffentlichung zum Kriegsende in der Sächsischen Schweiz und den angrenzenden Regionen vor.

Mit Genehmigung des Autors, Ulrich Fritz, veröffentlichen wir dessen Beitrag zur Kriegswirtschaft und den KZ-Außenlagern in der Sächsischen Schweiz an dieser Stelle.

KZ-System und Rüstungswirtschaft in Sachsen

Das System der Konzentrationslager war die äußerste Form des nationalsozialistischen Repressionsapparates. Unmittelbar nach der Machtübernahme 1933 errichteten SA und SS auch in Sachsen zahlreiche Konzentrationslager.(1) Die Haftgründe reichten von politischer oder ideologischer Gegnerschaft über „rassische“ Zuschreibungen bis hin zur Einstufung als „kriminell“ und zu angeblich asozialem Verhalten. Die ersten Konzentrationslager in Sachsen existierten meist nur kurze Zeit; ab November 1934 bestand bis Juli 1937 lediglich das Konzentrationslager Sachsenburg. Es diente „als ein Bindeglied zwischen den frühen Konzentrationslagern der Jahre 1933/34 und den Konzentrationslagern mit System, die ab 1936/37 errichtet wurden.“(2) In diesen neuen Lagern war die Zwangsarbeit der Häftlinge von Anfang an ein konstitutives Element.(3)

Durch die Ernennung des Thüringer Gauleiters Fritz Sauckel zum Generalbevollmächtigten für den Arbeitseinsatz im März 1942 geriet die SS unter Druck. Um die alleinige Kontrolle über das Arbeitskräftereservoir der Häftlinge zu behalten, musste sie mit Industrie und Wirtschaft kooperieren. Zunächst konnte sie durchsetzen, dass Rüstungsproduktionen nur in den hermetisch gesicherten Hauptlagern selbst eingerichtet wurden.(4) Die ersten Außenlager wurden hingegen meist für SS-Einrichtungen oder SS-eigene Firmen errichtet.(5) Schließlich erreichten der neue Rüstungsminister Albert Speer und die Wirtschaftsvertreter den flächendeckenden Einsatz von KZ-Häftlingen auch außerhalb der Hauptlager. So entstanden – auch in Sachsen – ab 1943 KZ-Außenlager, in denen zunächst männliche, später auch weibliche Häftlinge für die Rüstungsindustrie, für die Reichsbahn oder bei Bauprojekten arbeiten mussten. Auf dem Gebiet des heutigen Freistaats Sachsen wurden bis Kriegsende 60 Außenlager errichtet.(6) 39 Außenlager unterstanden der Verwaltung des Konzentrationslagers Flossenbürg, darunter auch die drei Außenlager Königstein, Mockethal und Porschdorf, die im letzten Kriegshalbjahr in der Sächsischen Schweiz errichtet wurden.(7) Ihre Geschichte im Kontext der Kriegsrüstung soll im Folgenden nachgezeichnet werden.(8)

Ausschnitt aus einer Karte der KZ-Lager in Mitteleuropa.

Abbildung oben: Ausschnitt aus einer Karte der KZ-Lager in Mitteleuropa. Die Außenlager von Flossenbürg in der Sächsischen Schweiz sind teils falsch verortet und bezeichnet („Zschatschke“ und „Mockethal“ als zwei Lager, „Porschendorf“ und „Rathen“ ebenfalls als zwei Lager). Die Karte stammt aus dem Handbuch zum Entschädigungsverfahren des Rechtsanwalts Edward Kossoy, München 1958.

Die vergleichsweise späte Errichtung von KZ-Außenlagern in Sachsen war unter anderem der besonderen ökonomischen Situation geschuldet. Sachsen hatte zu Beginn der NS-Herrschaft aufgrund seiner Grenzlage, vor allem aber wegen der kleinbetrieblichen Struktur der dominierenden Konsumgüterindustrien nur wenige rüstungsrelevante Fertigungen vorzuweisen. Von der kriegswirtschaftlichen Modernisierung ab Ende der 1930er-Jahre profitierten der Fahrzeug- und Flugzeugbau, die chemische, optische und die Elektro-Industrie.(9) Als Reaktion auf die ab 1943 immer massiveren Luftangriffe der Alliierten trieb die staatliche Rüstungs- und Wirtschaftsverwaltung die Verlagerung einzelner Fertigungen oder gar ganzer Betriebe voran. Die Industrie verlagerte nach anfänglichem Widerstand Produktionen aus den industriellen Zentren in ländlich-kleinstädtisch geprägte Gebiete. So wurde Sachsen zum Ziel etwa von führenden Firmen der Berliner Elektroindustrie.

Kriegsindustrie in der Sächsischen Schweiz

Auch die Sächsische Schweiz geriet in dieser Phase in den Blick von Rüstungsmanagern, aus deren Sicht sich die dortigen Sandsteinformationen gut für den Bau unterirdischer und damit bombensicherer Fertigungsanlagen eigneten. Der Vorstandschef der Braunkohle- und Benzin AG (Brabag), Fritz Kranefuß, hatte Ende 1943 auf Veranlassung Himmlers die Möglichkeit der Verlagerung von Hydrierwerken prüfen lassen, in denen aus Braunkohle mit synthetischen Verfahren Flugbenzin, Diesel und andere Treibstoffe hergestellt wurden.(10) Allerdings lehnte der Generalbevollmächtigte für Chemie, Carl Krauch, derartige Pläne als technisch zu riskant ab, da unter Tage akute Explosionsgefahr bestand.(11)

Ende Februar 1944 führten die alliierten Luftstreitkräfte die Operation „Big Week“ durch, mit der die deutsche Flugzeugproduktion entscheidend getroffen werden sollte. Als Reaktion darauf richteten die Luftwaffe und das Rüstungsministerium am 1. März 1944 den „Jägerstab“ (später erweitert zum „Rüstungsstab“) ein. Behördenvertreter und Rüstungsmanager sollten dank weitgehender Befugnisse die Herstellung von Jagdflugzeugen, später auch von anderen Rüstungsgütern, wieder ankurbeln, unter anderem durch Verlagerung in untertägige Produktionsstätten. Die SS sollte die dazu benötigten Arbeitskräfte aus den Konzentrationslagern liefern. In diesem Rahmen sollte die Panzermotorenfertigung der Auto Union aus dem Werk in Siegmar bei Chemnitz in auszubauende Höhlen im nordböhmischen Leitmeritz (heute Litoměřice) verlagert werden.(12) Fast gleichzeitig betrieben die Mitteldeutschen Motorenwerke (MIMO) aus Taucha bei Leipzig, ein Tochterunternehmen der Auto Union, die Verlagerung einer Flugzeugmotorenfertigung in einen Sandsteinbruch bei Pirna. Unter dem Decknamen „Carnallit“ sollte eine Anlage mit 42.000 qm Nutzfläche entstehen. Mit dieser Untertageverlagerung, die den Standort Taucha letztlich überflüssig machen sollte, erhofften sich die Firmenchefs der Auto Union eine dauerhafte Sicherung dieses Produktionszweigs.(13) Ersten Vorbereitungen folgte eine Begehung mit dem Bergamt Freiberg am 4. Mai 1944. Doch die aufgenommenen Arbeiten kamen bald ins Stocken, denn zwischenzeitlich wurde die Sächsische Schweiz zu einem Verlagerungsort für Anlagen, die als noch kriegswichtiger galten.

Am 12. Mai griffen US-Bomber gezielt Hydrierwerke in Mitteldeutschland (Leuna, Lützkendorf, Zeitz und Böhlen) und Nordböhmen (Brüx, heute Most) an. Noch dramatischer wirkten sich weitere Angriffe am 28. und 29. Mai 1944 aus: „Auf dem Reichsgebiet standen 36 Prozent der Anlagen still, was einen Ausfall von 56 Prozent der gesamten Flugbenzin-Produktion zur Folge hatte.“(14)

Rüstungsminister Speer schlug daraufhin die Einsetzung eines Generalkommissars für die Wiederinstandsetzung bombengeschädigter Industrien vor. Durch einen Erlass Hitlers wurde am 31. Mai 1944 Edmund Geilenberg zum „Generalkommissar für die Sofortmaßnahmen“ ernannt. Der 42-Jährige war Leiter des „Hauptausschusses Munition“(15) und hatte sich nach einer Schlosserlehre zum Geschäftsführer der Stahlwerke Braunschweig emporgearbeitet. Er wurde mit quasi diktatorischen Vollmachten ausgestattet und konnte selbst Rüstungsproduktionen stilllegen. Der Geilenberg-Stab sollte zum einen die zerstörten Hydrierwerke reparieren und besser sichern, zum anderen die Verlagerung und den Neubau von Produktionsanlagen untertage initiieren. Dafür standen ihm personelle Ressourcen vom Facharbeiter bis hin zu Tausenden KZ-Häftlingen zur Verfügung, die für kraftraubende und lebensgefährliche Räum- und Bauarbeiten eingesetzt wurden. Im November 1944 arbeiteten 350.000 Menschen im Geilenberg-Programm. Darunter dürften weit über 100.000 KZ-Häftlinge gewesen sein - ein Sechstel aller KZ-Gefangenen zu diesem Zeitpunkt.(16) Ungeachtet der Speer‘schen Ermächtigungsrhetorik hatte der Geilenberg-Stab ebenso wie andere Sonderstäbe mit der im Nationalsozialismus verbreiteten Konkurrenz verschiedener Instanzen ebenso zu kämpfen wie mit kriegsbedingtem Material- und Personalmangel. Dies sollte sich auch in der Sächsischen Schweiz zeigen.

Die Lager des Geilenberg-Stabs

Bei der Verlagerung der Hydrierwerke wurde zunächst die „kombinierte Erzeugung von Zwischen- und Endprodukten auf unterirdisch errichtete ‚Primitivanlagen‘“ aufgeteilt.(17) Sie erhielten je eigene Tarnnamen: Bei Königstein („Schwalbe II“) und bei Porschdorf („Schwalbe III“) war die Herstellung von Flugbenzin durch Hydrierung geplant. Bei Mockethal („Dachs VII“) sollte eine Anlage zur Schmierölherstellung entstehen.(18) Die nahegelegenen Sandsteinbrüche „Alte Poste 1“ und „Alte Poste 2“ waren für die Anlagen „Ofen 19/20“ bzw. „Ofen 21/22“ zur Destillation von Benzin und Dieselöl aus Rohöl vorgesehen. In die Planung und den Betrieb der Anlagen war eine Vielzahl von Behörden und (halb-)staatlichen Firmen eingebunden, ebenso die kommunale Verwaltung wie Landrat und Bürgermeister, die Ortsbauernführer und weitere Instanzen. Sonderbauleitungen der Organisation Todt übernahmen an allen Standorten die bautechnischen Aufgaben.(19) Sie waren zudem für die Unterkünfte und die Verpflegung der Montagefachkräfte und Hilfsarbeiter zuständig.(20) Mit dem Betrieb wurden verschiedene Firmen beauftragt. Eine Koordinierungsfunktion übernahm dabei die Deutsche Bergwerks- und Hüttenbaugesellschaft (DBHG), deren Ingenieure zuvor bei der Errichtung von Stahlwerken in Salzgitter, Linz und anderen Orten tätig waren, später bei der Wiederinbetriebnahme von Kohlebergwerken in der Ukraine. Die Verhandlungen über Pachtverträge und Grunderwerb übernahm die Rüstungskontor GmbH, eine zu 100 % in Besitz des Rüstungsministeriums befindliche Gesellschaft.(21)

Außenlager Königstein

Ab Herbst 1944 wurden Teile der Hydrieranlage der Brabag in Magdeburg nach Königstein verbracht. Das in Königstein ansässige Ingenieurbüro von Professor Rimpl, der auch für den Jägerstab sämtliche Untertageverlagerungen plante, fungierte als OT-Sonderbauleitung. In einem alten Steinbruch an der Sandsteinhochwand der Niederen Kirchleite sollten 22 Stolleneingänge für eine riesige Untertageverlagerung gegraben werden; dafür wurden insgesamt 6.200 Arbeitskräfte angefordert.(22) In dem engen Areal zwischen der Hochwand und der Elbe sollte nicht nur eine Bahnabzweigung von der Strecke Königstein – Bodenbach und ein mehrgleisiger Verschiebebahnhof eingerichtet werden; die Ingenieure planten auch eine Straße für LKW-Verkehr und Platz für diverse technische Anlagen ein. Für diese Großbaustelle wurden einige Häuser im Ortsteil Strand der Gemeinde Weißig kurzerhand abgerissen. Dies führte zu erheblicher Unruhe unter den Anwohnern, die zunächst ohne Entschädigungsregelung umquartiert wurden. Nur mit Mühe konnten die Zuständigen eine Beschwerde des Gauleiters Mutschmann verhindern.(23)

In Königstein errichtete die SS ab November 1944 auch das erste KZ-Außenlager in der Sächsischen Schweiz. Es war ebenso wie die Lager in Mockethal und Porschdorf dem Hauptlager Flossenbürg zugeordnet. Am 15. November 1944 wurden 200 Häftlinge nach Königstein überstellt, am 28. November weitere 780. Sie alle kamen aus dem aufgelösten Außenlager des KZ Buchenwald, das kurzfristig zur Reparatur des Hydrierwerks in Böhlen eingerichtet worden war. Der größte Teil von ihnen, nämlich 559, stammte aus der Sowjetunion, daneben waren 168 Polen, 61 Franzosen, 58 Italiener, 52 Tschechen, 24 Deutsche und 16 Belgier sowie Häftlinge aus sieben anderen Ländern unter den Gefangenen.(24) Etwa die Hälfte war als zivile Zwangsarbeiter, ein Viertel als politische Häftlinge geführt.

Von den Lebens- und Arbeitsbedingungen in den KZ-Außenlagern zeugen Berichte der Überlebenden, vor allem aber auch Aussagen, die im Rahmen juristischer Ermittlungen erhoben wurden.(25) Die ersten Häftlinge waren zunächst teilweise in einem Gasthaus im Dorf Struppen untergebracht, teilweise in runden Hütten aus Pappe oder Sperrholz – sogenannten „Finnenzelten“ – auf der Eselswiese nahe der Burg Königstein. Sie mussten für die weiteren Transporte unter Führung der OT ein Lager aufbauen, das etwa 20 Baracken umfasste und mit einem elektrisch geladenen Zaun umgeben war. Zwei Baracken waren für die Küche sowie für den Lagerältesten und das Küchenpersonal reserviert. Außerhalb des Häftlingslagers befanden sich zwei Wachbaracken für die SS.(26)

Luftbild der US Air Force, 20. April 1945

Abbildung oben: Luftbild der US Air Force, 20. April 1945. Rechts das Lager „Orion I“ mit Finnenzelten, links im Wald das größere Barackenlager „Orion II“

Kommandoführer des Außenlagers Königstein war vermutlich der SS-Oberscharführer Nicolet. Er befehligte 50 Wachmänner, die sämtlich zwischen 40 und 50 Jahren alt waren.(27) Unter ihnen befanden sich auch Wehrmachtssoldaten, die teils wohl bereits zuvor in Böhlen eingesetzt waren. Während ein Zeuge die Wehrmachtssoldaten als „anständig“ schildert, überwiegen die Darstellungen täglicher Gewaltanwendung der Wachmannschaften durch Schläge und Tritte.

Außenlager Mockethal-Zatzschke

Am 10. Januar 1945 wurden die ersten 100 Häftlinge von Flossenbürg nach Mockethal überstellt, laut einer Überstellungsliste vor allem Handwerker. Neben 39 Italienern und 33 Sowjetbürgern sowie dreizehn Polen wurden Angehörige neun weiterer Nationen verschleppt, darunter zwei Juden.(28) Bereits auf diesem Transport flüchteten zwei Russen.

Gelegen war das Lager an der Pirnaer Straße im heutigen Stadtteil Zatzschke, in einer von Wald umgebenen Sandgrube. Bei Ankunft des ersten Transports standen dort bereits einige Baracken. Die Grube war umzäunt, sonst aber nicht weiter abgesichert.

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Abbildung oben: Luftbild der US Air Force, 20. April 1945. Das Barackenlager am rechten Bildrand befand sich unweit des Dorfes Zatzschke.

Aus der Benennung des Außenlagers als „Dachs VII“ geht hervor, dass die Häftlingszwangsarbeit diesem Projekt dienen sollte. Die Gefangenen sollten das Gelände planieren und Baracken für ein großes Lager aufstellen, das wohl zur Unterbringung weiterer Häftlinge dienen sollten.(29) Eine Baufirma brachte Material für Baracken in das Lager.(30) Gelegentlich wurden Gruppen von 15 bis 20 Häftlingen für Straßenbauarbeiten außerhalb des Lagers abgestellt. Hinweise auf die Errichtung einer industriellen Fertigung fehlen in den Aussagen.

Im Januar 1945 waren die „Ofen“-Anlagen bereits in Betrieb, „Dachs 7“ war im Bau.(31) Beide sollten von der Deutsche Gasolin A.G. betrieben werden, die hier Apparaturen aus ihren zerstörten Werken in Dollbergen und Emmerich verwendete.

Der erste Kommandoführer in Mockethal war nach Zeugenaussagen ein SS-Oberscharführer Plager.(32) Ihm folgte nach einem Monat SS-Oberscharführer Erich von Berg (geb. 1908 in Hütten-Steinach bei Sonneberg). Der gelernte Kaufmann gehörte schon seit 1941 dem SS-Totenkopfsturmbann Flossenbürg an und hatte innerhalb des Lagerkomplexes die Aufgabe, neue Außenlager aufzubauen, Wachmannschaften und Häftlinge einzuteilen sowie die technischen Rahmenbedingungen zu überprüfen. Nach kurzer Zeit übernahmen dann andere SS-Angehörige das Kommando.(33) Vor seiner Versetzung nach Mockethal war von Berg Kommandoführer des Außenlagers Bernsdorf in Dresden und zudem für die wirtschaftlichen Belange der Flossenbürger Außenlager in Dresden zuständig. Eine ähnliche Funktion übte er wohl auch für die Außenlager in der Sächsischen Schweiz aus.(34) Die 14 SS-Bewacher in Mockethal waren meist ältere Männer, darunter etliche Volksdeutsche aus Ungarn.(35)

Außenlager Porschdorf

Das Außenlager Porschdorf wurde als letztes der drei Flossenbürger KZ-Außenlager in der Sächsischen Schweiz errichtet. Hier sollte die Sudetendeutsche Treibstoffwerke AG unter dem Tarnnamen „Otto Lehmann & Co.“ Braunkohlenteer hydrieren („Schwalbe 3“) und damit die Produktion des zerstörten Hydrierwerks Brüx ausgleichen.(36)

Am 3. Februar wurden 250 Häftlinge von Flossenbürg nach Porschdorf überstellt.(37) Darunter waren allein 180 Italiener. Wie in den anderen Außenlagern spielte ihre berufliche Qualifikation für die schweren körperlichen Hilfsarbeiten, die sie leisten sollten, kaum eine Rolle. Wichtig war ihre schnelle Verfügbarkeit; sie waren mit einem Transport von über 400 Italienern aus dem Durchgangslager Bozen erst am 23. Januar im KZ Flossenbürg angekommen und umgehend auf verschiedene Außenlager verteilt worden. Etwa die Hälfte von ihnen war jünger als 25 Jahre – so wie der früh verwaiste Giuliano Benassi aus Bologna, Sohn eines früheren Parlamentsabgeordneten, der sich nach dem Abschluss des Gymnasiums den Partisanen anschloss. Bei einer gescheiterten Übergabe geheimer Unterlagen wurde er Ende April 1944 verhaftet und gefoltert, war bis Dezember 1944 im Gefängnis von Verona eingesperrt und kam über Bozen nach Flossenbürg. Nach einigen Tagen, in denen die Häftlinge vielfach geschlagen wurden und kaum Essen erhielten, wurden sie nach Porschdorf abtransportiert.(38) Neben den Italienern waren auch 21 sowjetische Staatsangehörige, je elf Belgier und Polen, zehn Deutsche sowie Angehörige sechs weiterer Nationalitäten in Porschdorf inhaftiert, darunter zwei jüdische Häftlinge. Drei Deutsche versahen die Funktionen des Oberkapos bzw. der Kapos, zwei Polen und ein Italiener fungierten als Häftlingsarzt und Pfleger.

Zur Bewachung wurden 26 Wachmänner nach Porschdorf abgestellt, darunter zwei Hundeführer. Fast alle waren über 40 Jahre alt.(39) Kommandoführer war der SS-Hauptscharführer Gustav Göttling (geb. 1893 in Stuttgart). Göttling war – wie Erich von Berg – bereits seit 1941 Angehöriger des SS-Totenkopfsturmbanns Flossenbürg und nach eigenen Angaben für die Ausbildung und Einteilung von Wachmannschaften zuständig.(40) Im September 1944 war er Kommandoführer des nur einen Monat bestehenden Außenlagers Brüx.

Gelegen war das Lager im Tal des Sebnitzbachs, im Gelände eines alten Sandsteinbruchs im Ortsteil Gluto der Gemeinde Rathmannsdorf. Der nahe Kletterfelsen „Bahnhofswächter“ diente den SS-Bewachern als Beobachtungspunkt.(41) Die Häftlinge wurden hauptsächlich bei der Vorbereitung der Untertageanlage eingesetzt: Sie sollten im Polenztal 23 Stollen bis zu 155 Meter Tiefe vortreiben.(42) Zudem betonierten sie Fundamente für Kompressoren. Daneben mussten sie Eisenbahnschienen demontieren und Elbkähne mit dem Material beladen.

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Abbildung oben: Betonfundamente für Kompressoren im Polenztal, heute Nationalpark Sächsische Schweiz, 2007.

Überlebensbedingungen

Alle drei KZ-Außenlager in der Sächsischen Schweiz waren – mit leichten örtlichen Abweichungen – von improvisierter Unterbringung sowie völlig unzureichender Verpflegung und medizinischer Versorgung geprägt. Die körperliche Schwerstarbeit zehrte die Häftlinge rasch aus, die Vollmachten des Geilenberg-Stabs nutzte dieser jedenfalls nicht zugunsten der ungelernten, schlecht gekleideten und oft schon kranken Bauarbeiter. Hinzu kamen weite Anmarschwege zwischen den Lagern und den Baustellen.

In Königstein gab es lediglich Rüben mit Wasser und 200 Gramm Brot am Tag zu essen.(43) Für die Kranken stand nur ein niederländischer Häftlingspfleger zur Verfügung. Die Gefangenen marschierten täglich in die vier bis fünf Kilometer entfernten Steinbrüche, von wo sie nach schweren Erd- und Tunnelarbeiten mit einem bis zwei Steinen in das Lager zurückgehen mussten. Wer keinen Stein trug, wurde geschlagen. Lediglich etwa 20 Häftlinge sowie der Lagerälteste und die Blockältesten konnten leichtere Arbeiten innerhalb des Lagers verrichten. Bis Ende 1944 verstarben in Königstein sechs Häftlinge, ein weiterer starb wenige Tage nach seiner Verlegung ins Außenlager Leitmeritz. Während mehrere ausländische Zeugen von gewaltsamen Tötungen durch die Wachmannschaften berichten (etwa durch Prügel oder Erschießen), verneinte der ehemalige Lagerälteste derartige Morde.

Die Verhältnisse in Mockethal scheinen etwas weniger schlecht gewesen zu, was schon die geringere Häftlingszahl und die bereits vorhandene Unterkunft nahe legen. Für die Kranken stand lediglich eine Ecke in einer Baracke zur Verfügung, in der ein Häftlingsarzt, ein ausgebildeter Kinderarzt, leichtere Krankheiten behandelte. Schwerere Fälle wurden nach Pirna ins gebracht oder von einem ortsansässigen Vertragsarzt untersucht, der die Arbeitsunfähigkeit festzustellen hatte.(44) Nach Aussage eines deutschen Häftlings hatten die Gefangenen (vermutlich nur einige privilegierte) auch Kontakt zur Zivilbevölkerung, da sie in der gleichen Gaststätte wie die SS-Männer verkehrten. Diese Kontrolle der Außenwelt habe übermäßige Gewalt verhindert. Übereinstimmend sagen die meisten Häftlinge jedenfalls aus, dass kein Häftling ermordet worden sei.

In Porschdorf war die Unterbringung prekär, wie der Italiener Ugo Bigardi beschreibt: „Die Baracke befand sich unter einer Felswand, die als Dach diente. Es tröpfelte ununterbrochen und es war unglaublich feucht. […] Vor der Baracke befand sich ein kleiner Hof, der wie gewohnt mit Stacheldraht umzäunt war. Die Verlängerung der Baracke war ein großer Raum mit Wänden aus unverputzten Steinen, einer Tür, die nicht richtig schloss und Fenstern ohne Scheiben.“(45) Zur Arbeit mussten die Häftlinge täglich eine halbe Stunde zu Fuß marschieren. Nach Aussage eines ehemaligen Häftlings töteten die SS-Bewacher Häftlinge sowohl bei der Arbeit als auch im Lager; ein anderer Zeuge spricht hingegen von zahlreichen Todesfällen durch Entkräftung, allerdings seien die Häftlinge zwar misshandelt worden, es habe aber keine Tötungen gegeben.(46)

Angesichts dieser Verhältnisse verwundert es nicht, dass Häftlinge trotz Lebensgefahr zu fliehen versuchten; allein in Königstein gab es bis Mitte Dezember 1944 fünf Fluchtversuche. Diese wurden mit schweren Strafen für die anderen Gefangenen geahndet, etwa mit Appellstehen im Freien ohne Nahrung über Nacht. Ein tschechischer Zeuge beschrieb sowohl die Erschießung eines deutschen Häftlings im Januar 1945 nach einem Fluchtversuch als auch Todesfälle infolge von Erfrierungen und Arbeitsunfällen.(47)

Die SS versuchte, die Gruppe der kranken und damit arbeitsunfähigen Häftlinge in den Lagern zu verringern. Der Flossenbürger Lagerkommandant Koegel besichtigte im Dezember 1944 einige Außenlager und ordnete mündlich an, längerfristig arbeitsunfähige Häftlinge in nach Leitmeritz zu verbringen, wo sich das größte Außenlager von Flossenbürg befand. Daraufhin wurden die Häftlinge von einem OT-Oberstabsarzt untersucht, mehrfach wurden Kranke nach Leitmeritz überstellt.(48) Eine Auflistung vom Januar nennt die Krankheiten der meist älteren (d.h. 30 bis 57 Jahre alten) Häftlinge: vorwiegend TBC, daneben Ödeme und Phlegmone sowie allgemeine Erschöpfung.

Auch aus Porschdorf wurden 21 und aus Mockethal zwölf arbeitsunfähige Häftlinge über das Außenlager Königstein nach Leitmeritz abgeschoben. Für die zwölf am 8. März überstellten kamen eine Woche später 15 Häftlinge des Außenlagers Porschdorf „aus technischen Gründen“ nach Mockethal.(49) Die handschriftliche Meldung wirft ein Licht auf die vermutlich provisorische Ausstattung des Außenlagers.

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Abbildung oben: Meldung des Außenlagers Porschdorf, das hier fälschlich mit „Börsdorf“ bezeichnet wird.

„Business as usual“ und Eskalation in der Kriegsendphase

Die Rüstungsmanager des Geilenberg-Stabs und der beteiligten Stellen trieben ihre Planungen scheinbar unbeeindruckt von der drohenden Niederlage des NS-Regimes weiter. Im Januar 1945 reisten mehrere Ingenieure des Rüstungskontors in die Sächsische Schweiz, um mit Grundeigentümern wie etwa der Sächsischen Forstverwaltung über Pacht und Erwerb von Grundstücken zu verhandeln.

Die Brabag gab ihr Verlagerungsprojekt in Königstein bald auf, wie ein Bericht vom Januar 1945 belegt: „Voraussichtlich tritt eine Änderung insofern ein, als statt Schwalbe 2 die Anlage Orion 1 (Herstellung und Bearbeitung von Primärstickstoff) in den geplanten Bau eingewiesen wird. (…) Danach ist IG-Farben in Auschwitz von Geilenberg nunmehr mit der Planung und Montage beauftragt (Tarnname Bergbau-Schandau-GmbH). Die IG-Farben wird die Apparaturen aus anderen Werken einbringen. Die Bauarbeiten an Ort und Stelle gehen gleichwohl weiter.“(50) Im selben Bericht wird die Zahl der Bauarbeiter mit 2.000 mit einer geplanten Steigerung auf 10.000 angegeben. Für die fertige Anlage waren 2.000 Arbeitskräfte vorgesehen. Dies belegt, dass auf den Verlagerungsbaustellen neben den Häftlingen Hunderte Kriegsgefangene und Zivilisten Zwangsarbeit leisten mussten.(51) In Königstein arbeiteten etwa 800 italienische Kriegsgefangene und „Ostarbeiter“ (sowjetische zivile Zwangsarbeiter) aus dem Lager am Rauensteinweg in Weißig. Amerikanische Kriegsgefangene aus dem Lager am Lilienstein (Sellnitz) wurden täglich mit der Fähre über die Elbe gebracht. Für das Projekt „Schwalbe 3“ in Porschdorf waren Mitte Januar 1945, also bereits Wochen vor Errichtung des Außenlagers, laut einem Schreiben des Rüstungskontors 1.000 Bauarbeiter eingesetzt, deren Zahl auf 6.000 erhöht werden sollte, bei einer angepeilten späteren Belegschaftsstärke von 2.000.(52)

Aus diesen Zahlen erklärt sich, dass in den drei Außenlagern ungewöhnlich viele Wachmänner eingesetzt waren, die nicht zuletzt den Kontakt der Häftlinge zu Kriegsgefangenen und zivilen Zwangsarbeitern unterbinden sollten. So weist die monatliche Stärkemeldung an den zuständigen „Höheren SS- und Polizeiführer Elbe“ in Dresden mit Stand 31. Januar 1945 für das Außenlager Königstein 930 Häftlinge und 158 SS-Wachmänner aus und für Mockethal zwölf Bewacher für 97 Gefangene.(53) Ende Februar wurde für einige Wochen zusätzlich eine Hundestaffel mit sechs bis acht Mann nach Königstein abgeordnet.(54) In Porschdorf blieb die Stärke der Wachmannschaft mit 29 zwischen Ende Februar und Ende März gleich, während die Zahl der Häftlinge von 250 auf 211 sank.(55)

In Mockethal-Zatzschke zeitigten die verheerenden Luftangriffe auf Dresden Mitte Februar 1945 einschneidende Folgen. Das Außenlager wurde zur Auffangstation für Häftlinge aus Dresden. So wurden sämtliche Frauen und die meisten Männer aus dem zerstörten Außenlager Dresden-Bernsdorf in der Schandauer Straße für etwa zwei Wochen nach Zatzschke gebracht, wo diese jüdischen Gefangenen jedoch von den übrigen Häftlingen getrennt waren. Dies belegt auch eine handschriftliche Meldung des Kommandoführers Schmerse an die Kommandantur in Weiden. Sie nennt als Absender das Arbeitslager Bernsdorf & Co. mit dem Zusatz „z.Zt. Zatschke b. Pirna (Lager Dachs 7)“.(56) In Zatzschke wurden Häftlinge ausgesondert und erschossen. Nach einer oder zwei Wochen kehrten zunächst die meisten männlichen, kurz darauf die weiblichen Häftlinge nach Dresden zurück, wo sie vor allem zu Räumarbeiten herangezogen wurden. 39 Männer blieben zurück – sie wurden am 24. März 1945 auch förmlich zum Außenlager Mockethal überstellt. Sie wurden von Wachpersonal aus dem Außenlager Bernsdorf bewacht und mussten, anders als die anderen Häftlinge in Mockethal, beim Stollenbau arbeiten.

Auch Frauen aus dem Außenlager bei der stark zerstörten Universelle Maschinenfabrik waren kurzfristig in Mockethal untergebracht. Viele von ihnen sollen in kurzer Zeit gestorben sein, teils aufgrund von Unterernährung, teils wegen der katastrophalen hygienischen Verhältnisse. Hinzu kamen Schikanen der SS-Aufseherinnen.(57) Einige der aus Dresden evakuierten Gefangenen berichten von Erschießungen weiblicher Häftlinge und davon, dass der deutsche Lagerälteste einige Frauen erschlagen habe.

Auflösung der Lager

In den ersten drei Monaten des Jahres 1945 starben in Königstein jeweils 20 oder mehr Häftlinge, insgesamt 71. Von den nach Leitmeritz Überstellten starben über 30, davon über die Hälfte im März. Von insgesamt 66 Häftlingen, die ins Hauptlager Flossenbürg transportiert wurden, starben 28 im März und April. Die meisten Zeugen sagen aus, nur wenige Tote im Lager gesehen zu haben – sicherlich auch eine Folge der konsequenten Abschiebung kranker Häftlinge. In den Flossenbürger Nummernbüchern finden sich darüber zeitlich verzögerte Eintragungen: Auf Anfang März ist die Überstellung von 223 Häftlingen nach Bergen-Belsen datiert, in dieser Phase das Sterbelager im KZ-System. Zwei Tage später kamen 50 weitere Gefangene ins Außenlager Ohrdruf des KZ Buchenwald. Hier sollte ebenfalls eine unterirdische Stollenanlage entstehen, de facto war das Lager völlig überfüllt, Tausende gingen zugrunde. Einer Stärkemeldung zufolge befanden sich Ende Februar 578 nicht-jüdische Häftlinge in Königstein.(58)

Am 17. März 1945 wurde das Außenlager Königstein aufgelöst, die Häftlinge mussten unter Bewachung zum Bahnhof marschieren und wurden in offenen Güterwagen nach Leitmeritz transportiert.(59) Einige Häftlinge geben an, dass sie noch etwa einen Monat bei den unterirdischen „Richard“-Werken arbeiten mussten,(60) wobei nicht erläutert wird, ob damit Stollenarbeiten oder Arbeit bei der Tarnfirma „Elsabe“ der Auto Union gemeint ist. Anfang Mai 1945 befreite die Rote Armee die Häftlinge in Leitmeritz. Mindestens neun Häftlinge wurden nach Flossenbürg und von dort in das Außenlager Offenburg des KZ Natzweiler verschleppt.

Im Außenlager Mockethal befanden sich am 28. Februar 1945 noch 95 Häftlinge, Ende März waren es 93.(61) In den Flossenbürger Nummernbüchern sind 15 Todesfälle im Außenlager Mockethal dokumentiert, davon vier vor der Ankunft der Gefangenen aus Dresden.(62) In der letzten täglichen Stärkemeldung vom 13. April 1945 werden 131 Häftlinge aufgeführt. Kurz vor der Evakuierung soll noch ein Transport weiblicher Häftlinge aus Dresden in Mockethal Station gemacht haben. Nach einer Aussage handelte es sich um 63 Frauen aus dem Außenlager bei der Universelle in Dresden.(63) Einige sollen, da sie zu schwach zum Weitermarschieren waren, erschossen und auf dem Gelände des Außenlagers verscharrt worden sein.

Von den männlichen Häftlingen marschierten bis auf 15 Gehunfähige, die mit etwas Brot zurückgelassen wurden, alle unter Führung des Kommandoführers von Berg zunächst in Richtung Erzgebirge. Der mehrtägige Marsch wurde jedoch von Feldgendarmerie aufgehalten, welche die Häftlinge nach Leitmeritz führte.(64) Nach einer anderen Aussage wurde ein Teil der Gefangenen auf Elbkähnen in Richtung tschechische Grenze befördert, wo sich die SS absetzte und die Häftlinge von der Roten Armee befreit wurden.(65)

Im Außenlager Porschdorf starben in den nicht einmal zwei Monaten seines Bestehens 13 Häftlinge.(66) Weitere starben nach ihrer Verschleppung in andere Lager. Die verbliebenen 209 Gefangenen mussten Mitte April etwa zwei Tage lang in südöstlicher Richtung marschieren, wahrscheinlich mit dem Ziel Leitmeritz. Sie kamen bis zum Rittergut Oelsen, einem großen Hofgut, wo viele noch an Entkräftung starben. Am 9. Mai wurden sie von der Roten Armee befreit.

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Abbildung oben: Veröffentlichung zum Todesmarsch der Häftlinge aus Porschdorf, übermittelt vom Sohn des Überlebenden Remo Vazon.

Der Flossenbürger Lagerkommandant Koegel bemühte sich offenbar bis zuletzt um eine mögliche weitere Nutzung der drei Außenlager. Darauf deutet der Funkspruch, den Koegel am 3. April 1945 von der Amtsgruppe D im SS-Wirtschaftsverwaltungshauptamt erhielt: „Betr. AL Schwalbe III Belegungsbericht vom 31.3.: Auffüllung des Kommandos aus anderen Lagern ist aus Transportgründen nicht möglich. Sie müssen sich selbst helfen, evtl. mit Häftlingen, die aus anderen Lagern im Zuge der Ereignisse nach dort zurückgeführt werden.“ Und noch am 8. April forderte Koegel bei SS-Oberführer Hermann Pister, dem Kommandant von Buchenwald, Häftlinge für die Außenlager an: „Lieber Hermann, von den nach hier überstellten 1000 Häftlingen bitte ich abzuzweigen 800 nach Zatzschke Dachs VII, 300 nach Porschdorf bei Bad Schandau für Orion mit Wachmannschaften.“(67)

Nach dem Krieg: Pragmatische Nutzung, formatierte Erinnerung, späte Spurensuche

Die gigantischen und wahnwitzigen Bauvorhaben des NS-Regimes blieben in der Sächsischen Schweiz wie an den meisten anderen Orten wirkungslos. Die geplanten Produktionen liefen nie an – dem Elbtal blieben dadurch vermutlich, wie Hans Brenner zurecht hervorhebt, enorme Umweltschäden erspart.(68)

Die sowjetischen Truppen fanden die KZ-Außenlager im Mai 1945 leer vor. Wie die westlichen Alliierten ordneten sie die würdige Bestattung der Toten an und begannen mit der Verfolgung der Verantwortlichen. Die Liegenschaften und Baustellen, die das NS-Regime hinterlassen hatte, wurden in Sachsen wie fast überall in Deutschland pragmatisch weitergenutzt.

In Königstein baute die Rote Armee die Maschinen ab und demontierte sämtliche Anlagen.(69) 1953 übernahm die NVA das Gelände und sperrte es ab. Der Versuch, in den Stollen eine Champignonzucht zu betreiben, scheiterte. 1993 richtete der Königsteiner Schützenverein in einem Stollen einen Schießstand ein. Vom Häftlingslager und den Zwangsarbeiterlagern haben sich bis auf Fundamentreste keine zugänglichen baulichen Spuren erhalten. Im Besucherparkhaus der Burg Königstein erinnert heute eine Tafel an das KZ-Außenlager. Der Rat der Stadt Königstein ließ 1977 in der Pirnaer Straße an prominenter Stelle eine Stele errichten, die an das frühe KZ in Halbestadt erinnert, aber auch an das KZ-Außenlager Königstein:

„Im Waldgebiet der Festung Königstein befand sich ein Teillager vom ehemaligen K.Z. Auschwitz mit über tausend Häftlingen. Diese arbeiteten unter unmenschlichen Bedingungen in den Bergstollen der Felsen – entlang des Bahndamms nach Kurort Rathen. Die Zahl der dabei vor Entkräftung Gestorbenen ist uns nicht bekannt.“

Wenngleich das Außenlager fälschlich dem KZ Auschwitz zugeordnet wurde und trotz der falschen bzw. fehlenden Zahlen wurde mit dem Denkmal das Außenlager Ende der 1970er-Jahre ins öffentliche Bewusstsein gebracht.

In Mockethal wurden die Stollenanlagen von der Roten Armee gesprengt. Die „Ofen“-Betriebsstätten wurden weiterhin zur Aufbereitung von Treibstoffen und Mineralöl genutzt. In der abgeschiedenen Herrenleite richtete sich ab 1965 auch das Staatliche Amt für Strahlenschutz und Atomsicherheit der DDR ein. Die NVA übernahm sowohl die Tankanlagen wie auch die Anlagen des Amtes für Strahlenschutz. Bis Mitte der 1990er-Jahre nutzte die Bundeswehr das Areal.(70)

Die Erinnerung an die KZ-Toten wurde – wie in Königstein – nicht am historischen Ort gepflegt. Ein kurz nach Kriegsende erstellter Bericht des Oberbürgermeisters von Pirna stellte fest, dass 47 verstorbene Häftlinge auf dem Friedhof Lohmen beigesetzt wurden.

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Abbildung oben: Grab der KZ-Opfer auf dem Friedhof Lohmen, 2013.

Weitere sechs Tote wurden in der Sandgrube selbst exhumiert und in Pirna beigesetzt, und zwar im Friedenspark am Rande der Altstadt.(71) Dabei dürfte es sich um Häftlinge aus Dresden gehandelt haben. Im Rahmen der geplanten Neugestaltung des Parks plante der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge im Oktober 2015 die Exhumierung der sterblichen Überreste, fand diese aber nicht an der markierten Stelle vor. In der Folge entzündete sich eine öffentliche Diskussion darüber, wo die Toten tatsächlich bestattet wurden. Diese Debatte gewann an Brisanz, weil im Zuge der Neugestaltung des Friedensparks auch ein sowjetisches Ehrenmal abgebaut werden sollte. So wurde, wie an vielen Orten, über eine angemessene Erinnerung im öffentlichen Raum für die Kriegsopfer, aber auch für die Verfolgungsopfer in der DDR diskutiert.

Die Toten des Außenlagers Porschdorf sowie aus umliegenden Kriegsgefangenenlagern wurden auf dem Friedhof der Evangelischen Kirche beigesetzt. Im Gegensatz zu vielen anderen Orten wurden diese Gräber nicht öffentlich gewürdigt, obwohl sie bekannt waren. Auf Anfrage der Abteilung Gräberfürsorge der Evangelischen Kirche Deutschlands besorgte der Ortspfarrer bei der Katholischen Pfarrei in Bad Schandau die Abschrift eines im Januar 1946 erstellten „Verzeichnis über Gräber von Bürgern der Vereinten Nationen“. In seinem Schreiben vom 17. Dezember 1957 führte er aus: „Da sich kaum jemand um die Gräber kümmert, der Kirchgemeinde auch keine Pflegemittel zur Verfügung stehen, ist der Zustand der Gräber nicht gerade vorbildlich zu nennen. Die einmal vorhandenen Holzkreuze sind inzwischen abgefault und nicht erneuert worden.“(72) Erst auf Initiative von Siegfried Mehnert aus Bad Schandau wurde 2014 der formale Prozess zur Anerkennung dieser Gräber als Kriegsgräber in Gang gesetzt.(73) Auf dem Porschdorfer Friedhof gibt es jedoch bislang noch kein Erinnerungszeichen für die dort bestatteten Gefangenen.

Die Stollenanlagen, die im Rahmen der Kriegsverlagerung in der Sächsischen Schweiz errichtet wurden, üben eine unverminderte Anziehungskraft aus – laut den einschlägigen Internet-Foren vor allem auf technik- und militäraffine Männer. Trotz der Distanzierung von rechtsextremen Inhalten und der gelegentlichen Erwähnung der KZ-Zwangsarbeit überwiegen bei den Höhlen-Enthusiasten letztlich die Faszination der unterirdischen Anlagen und die Aura des Geheimen. Einen angemessenen Umgang mit dem menschlichen Leid, das mit diesen letztlich sinnlosen Rüstungsbauten verbunden ist, sucht man in der Regel vergebens.

In den letzten zehn Jahren haben sich verstärkt örtliche Gruppen und Einzelpersonen ebenso wie Überlebende und deren Angehörige und Nachkommen mit den Außenlagern befasst. Nach umfassenden Recherchen einer Arbeitsgruppe mit Vertretern des VVN-BdA Regionalverband Sächsische Schweiz, des Pirnaer Vereins AKuBiZ e.V. (Alternatives Kultur- und Bildungszentrum), der Stiftung Bayerische Gedenkstätten und anderen konnte Oberbürgermeister Klaus-Peter Hanke am 17. September 2015 unweit des ehemaligen Lagergeländes in Zatzschke eine dreisprachige Informationstafel einweihen – im Beisein des Ehrengastes Josef Salomonovic, der als Kind zusammen mit seinem älteren Bruder Michal und seiner Mutter im Außenlager Dresden-Bernsdorf und einige Zeit in Zatzschke inhaftiert war.

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Einweihung der Informationstafel am Parkplatz der Gaststätte „Weiße Taube“, 17. September 2015. Links Josef Salomonovic, rechts Oberbürgermeister Klaus-Peter Hanke.

AKuBiZ hat in Zusammenarbeit mit der KZ-Gedenkstätte Flossenbürg Broschüren zu den Außenlagern in der Sächsischen Schweiz erstellt. Eine Internetplattform bietet weitere Informationen (www.gedenkplaetze.info). Der Sohn eines italienischen Überlebenden plant derzeit die Errichtung einer Gedenktafel in Oelsen. Auch wenn die baulichen Spuren weitgehend getilgt sind: Die Erinnerung an die KZ-Außenlager in der Sächsischen Schweiz und an die Opfer dieser Lager reicht bis heute weit über die Region hinaus.

Quellen/Literatur

(1) Hans Brenner u.a. (Hg.), NS-Terror und Verfolgung in Sachsen. Von den Frühen Konzentrationslagern bis zu den Todesmärschen, Dresden 2018.

(2) Carina Baganz, Erziehung zur „Volksgemeinschaft“? Die frühen Konzentrationslager in Sachsen 1933-34/37, Berlin 2005, hier: S.232.

( 3) So war das KZ Flossenbürg in der bayerischen Oberpfalz im Mai 1938 errichtet worden, weil die SS-eigenen Deutschen Erd- und Steinwerke (DESt) unter Einsatz von KZ-Häftlingen die dortigen Granitvorkommen ausbeuten wollten.

(4) Häftlinge mussten zunächst vor allem Bauarbeiten leisten, etwa für das Buna-Werk der I.G. Farben in Auschwitz oder zum Bau einer Waffenfabrik der Wilhelm-Gustloff-Werke in der Nähe des Häftlingslagers des KZ Buchenwald. In Flossenbürg wurde Ende 1942 eine Fertigung der Messerschmitt-Werke Regensburg errichtet.

(5) In zeitgenössischen Dokumenten werden die Außenlager als „Arbeitslager“, „Außenarbeitslager“ oder „Außenkommando“ bezeichnet, bei Einsatz für die SS auch als „Sonderkommando“. Mit „Außenlager“ sollen hier alle einem KZ-Hauptlager zugeordneten Lager bezeichnet werden, in denen Häftlinge sowohl zur Arbeit eingesetzt als auch untergebracht waren. Der einheitliche Begriff soll nicht über die äußerst unterschiedlichen Arbeits- und Lebensbedingungen der Inhaftierten hinwegtäuschen.

(6) Ulrich Fritz, KZ-Außenlager in Sachsen, in: Mike Schmeitzner/Clemens Vollnhals/Francesca Weil (Hg.), Von Stalingrad zur SBZ. Sachsen 1943 bis 1949, Göttingen 2015, S. 139-156.

(7) Für den ersten Überblicksbeitrag zu den drei Außenlagern siehe Hans Brenner, „Eiserne ‚Schwalben’ für das Elbsandsteingebirge. KZ-Häftlingseinsatz zum Aufbau von Treibstoffanlagen in der Endphase des Zweiten Weltkrieges“, in: Sächsische Heimatblätter, 45. Jg., H. 1/99; S. 9-16. Zum aktuellen Forschungsstand siehe Wolfgang Benz/Barbara Distel (Hg.), Flossenbürg. Das Konzentrationslager Flossenbürg und seine Außenlager, München 2007 sowie Brenner, NS-Terror (wie Anm. 1).

(8) Für Hinweise und Materialien danke ich Annabelle Lienhart und Elisabeth Singer-Brehm, (KZ-Gedenkstätte Flossenbürg), Sven Gerstner (Akubiz e.V., Pirna) und Bernd Anger (VVN-BdA Sächsische Schweiz).

(9) Ulrich Heß, Sachsens Industrie in der Zeit des Nationalsozialismus, in: Werner Bramke/Ulrich Heß (Hg.), Wirtschaft und Gesellschaft in Sachsen im 20. Jahrhundert, Leipzig 1998, S. 53-88.

(10) Die Brabag war 1934 auf Druck der NS-Führung als Zusammenschluss von zunächst zehn Mitgliedern gegründet worden, neben der I.G. Farben vor allem Kohleunternehmen und Mischkonzerne. Ziel war der Aufbau einer Treibstoffindustrie, die Deutschland durch das von I.G. Farben entwickelte Hydrierverfahren aus der reichlich vorhandenen Braunkohle vom Weltmarkt unabhängig machen sollte. Fritz Kranefuß, NSDAP- und SS-Mitglied, war enger Vertrauter Himmlers und leitete den „Freundeskreis Reichsführer SS“, mit dem die Elite der deutschen Wirtschaft die SS unterstützte. Tobias Bütow/Franka Bindernagel, Ein KZ in der Nachbarschaft. Das Magdeburger Außenlager der Brabag und der „Freundeskreis Himmler“, Köln u.a. 2003, S. 23-67.

(11) Ebd., S.106f.

(12) Martin Kukowski/Rudolf Boch, Kriegswirtschaft und Arbeitseinsatz bei der Auto Union AG Chemnitz im Zweiten Weltkrieg, Stuttgart 2014, S. 204.

(13) Ebd., S. 232-237. Wie Kukowski/Boch ausführen, trieb die bereits beschlossene Untertageverlagerung des Konkurrenten Junkers die Firmenspitze zur Eile an, da eine Stilllegung des nicht vor Luftangriffen geschützten Betriebs in Taucha befürchtet wurde.

(14) Bütow/Bindernagel, KZ (wie Anm. 10), S. 80. Vgl. dort auch im Folgenden zu Edmund Geilenberg und den ihm übertragenen Vollmachten.

(15) Die deutsche Rüstungswirtschaft war in Dutzenden Ausschüssen, Ringen etc. organisiert, zu denen im Kriegsverlauf noch zahlreiche Sonderstäbe für Spezialaufgaben kamen. Daraus entstanden häufig Konkurrenzsituationen, die nur durch Beschlüsse des Rüstungsministers oder durch „Führerbefehle“ aufzulösen waren.

(16) Bütow/Bindernagel, KZ (wie Anm. 10), S. 88 (mit Quellennachweisen).

(17) Ebd. unter Verweis auf die sogenannte „Speer-Chronik“, S. 106.

(18) Die Geilenberg-Lager werden in den Akten teils mit arabischen, teils mit römischen Ziffern bezeichnet. Einige Lager wurden mit unterschiedlichen Ortsnamen bezeichnet, was eine genaue Lokalisierung der Lager und Arbeitsstätten erschwert.

(19) Bütow/Bindernagel, KZ (wie Anm. 10), S. 78. Die nach ihrem Gründer Fritz Todt benannte, paramilitärisch organisierte OT hatte ab 1938 vor allem militärische Anlagen errichtet. Während des Kriegs leitete sie Bauvorhaben in den besetzten Ländern Europas, im letzten Kriegsjahr war sie auch im Reichsgebiet an der Verlagerung von Rüstungsproduktionen beteiligt. Ende 1944 mussten rund 1,3 Millionen Menschen unter schwersten Bedingungen auf Baustellen der OT arbeiten. Neben Zwangsarbeitern aus ganz Europa waren darunter auch etwa 22.000 KZ-Häftlinge.

(20) Schreiben der DBHG an die Deutsche Gasolin A.G., 5.3.1945, Bundesarchiv (im Folgenden: BArch) R 121/1728, unpaginiert.

(21) Die Rüstungskontor GmbH – später in Industriekontor GmbH umbenannt – war eine der zahlreichen zu Tarnzwecken gegründeten „Speergesellschaften“. Über sie wurde etwa die Errichtung des Mittelwerks bei Nordhausen abgewickelt. Die Akten dieser Gesellschaften gingen ins Eigentum der Industrieverwaltungs-GmbH über, die 1951 zur Liquidation der Beteiligungen des Reiches gegründet wurde. Sie sind heute im Bundesarchiv Berlin einsehbar und enthalten zahlreiche Details zu den Standorten des Geilenberg-Programms in der Sächsischen Schweiz. Angaben über KZ-Häftlinge finden sich darin aber nicht.

(22) Bütow/Bindernagel, KZ (wie Anm. 10), S. 106–111.

(23) Geheimbericht Bauvorhaben Schwalbe 2, 4.1.1945, BArch R 121/1489, unpaginiert.

(24) Häftlingsnummernbücher des KZ Flossenbürg, National Archives Records Administration, Washington DC (im Folgenden: NARA), RG 338, 290/13/22/3, 000-50-46, Box 537. Sowjetische Staatsangehörige wurden in den Akten als „Russen“ bezeichnet, die meisten waren Ukrainer.

(25) Die Zentrale Stelle der Landesjustizverwaltungen in Ludwigsburg ermittelte ab Mitte der 1960er-Jahre zu Mord und Beihilfe zum Mord in den Außenlagern des KZ Flossenbürg. Die Ermittlungen zu den drei Außenlagern wurden wie in den meisten anderen Fällen ergebnislos eingestellt. Allerdings nahmen die Juristen – weit vor den Historikern – viele Aussagen von Überlebenden und SS-Angehörigen auf und sicherten damit wertvolle Informationen. Dabei ist aber zu bedenken, dass etwa Überlebende aus der UdSSR nie befragt werden konnten. Die Akten der Zentralen Stelle sind heute in einer Zweigstelle des Bundesarchivs in Ludwigsburg einsehbar.

(26) Aussage Heinrich S., 1.12.1975 und Skizze des Lagers, BArch B 162/ZStL IV 410 AR-Z 234/76. Nach der Skizze von S. war das Lager von Wachtürmen umgeben, fast alle Angehörigen der Wachmannschaft widersprechen dem jedoch.

(27) Versetzung am 5. Januar 1945 z. SS-Kommando „Schwalbe“ Königstein, in: BArch NS 4/FL 428.

(28) 100 Überstellungen zum Arbeitslager in Mockethal b. Pirna, 10.1.1945, Memorial Archives Gedenkstätte Flossenbürg (im Folgenden: MemArc AGFl) S.21.396.21-23 (USHMM, ITS Digital Archive/1.1.8.1/10802731-10802732). Das Außenlager Mockethal wird in den Akten der SS teils auch als SS-Arbeitslager Zatzschke bezeichnet.

(29) Dies deckt sich mit einem undatierten Bericht über die geologischen und infrastrukturellen Gegebenheiten am Standort Mockethal, in dem ein Barackenbauprogramm der OT erwähnt wird, vgl. BArch R 121/1716, unpaginiert.

(30) Aussage Paul K., 29.7.1976, in: BArch B 162/ZStL IV 410 AR-Z 8/76.

(31) Aktenvermerk über Besichtigung von Dachs 7, Ofen 19/20, Ofen 21/22 und U-Verlagerung Carnallit am 16.1.1945, BArch R 121/1416, unpaginiert.

(32) Plager konnte nicht identifiziert werden. Womöglich war SS-Oberscharführer Plagge gemeint, der ab März 1945 Kommandoführer im Außenlager Regensburg war.

(33) Aussage Erich von Berg, 4.2.1977, BArch B 162/ZStL 410 AR-Z 57/68, Bl. 493-495.

(34) Jedenfalls ist ein Dokument aus Königstein von ihm als „Kommandoführer“ unterzeichnet.

(35) Stärkemeldung der Wachmannschaften und Häftlinge der Arbeitslager im Dienstbereich des HSSPF des SS-Oberabschnitts ELBE nach dem Stand vom 28.2.1945, 1.1.8.0/ 2108921, und Stand vom 31.3.1945, 1.1.8.0/ 82108937, ITS Digital Archive, Arolsen Archives.

(36) Dr. Höpker-Aschoff, Schwalbe 3, Besichtigung am 15.01.1945, BArch R 121/1200, unpaginiert.

(37) 250 Überstellungen zum Arbeitslager Porschdorf am 3. Februar 1945, MemArc AGFl S.21.0396.0101 (USHMM, ITS Digital Archive/1.1.8.1./10802771-10802775).

(38) Francesco Berti Arnoaldo Veli, Reise mit meinem Freund. Leben und Tod des Giuliano Benassi im Konzentrationslager Flossenbürg und im Außenlager Porschdorf, Detmold 2016.

(39) Kommandierung nach Porschdorf/Kreis Pirna über Bad Schandau am 3. Februar 1945, BArch NS 4/FL, Bd. 428.

(40) Einstellungsbescheid der Staatsanwaltschaft beim Landgericht Kassel im Ermittlungsverfahren gegen Göttling, 5.12.77, BArch B 162/ZStL AR-Z 148/76, Bl. 308ff. Göttling bestritt, Kommandoführer in Porschdorf gewesen zu sein.

(41) Ich danke Frau Krebs, Waltersdorf, für die Überlassung einer kleinen Chronik von Roland Füssl sowie Auskünften von Alfred Neugebauer, Dresden.

(42) Höpker-Aschoff, Schwalbe 3, BArch R 121 (wie Anm. 36).

(43) Aussage Waclaw K., 1.10.1970, BArch B 162/ZStL AR-Z 234/76.

(44) Aussage Erich von Berg, 20.1.1978, BArch B 162/ZStL IV 410 AR-Z 8/76.

(45) Zitiert nach Veli, Reise (wie Anm. 38), S. 85. Bilardis Bericht wurde erstmals 1947 veröffentlicht.

(46) Aussagen Mario S., 19. Januar 1976, Bl. 145 und Meo B., 20. Februar 1976, Bl. 302ff., BArch B 162/ZStL 410 AR-Z 148/76.

(47) Aussage Oldrich K., 3.3.1976, BArch B 162/ZStL IV 410 AR-Z 234/76.

(48) Überstellung von 14 kranken Häftlingen von Königstein nach Leitmeritz am 22.12.1944 bzw. von 30 Kranken am 30.1.1945, MemArc AGFl S.21.0396.0085 (USHMM, ITS Digital Archive/ 1.1.8.1/10802763) und S.21.0395.0333 (USHMM, ITS Digital Archive/1.1.8.1./ 10802716).

(49) Betrifft: Überstellungen, 15.3.1945, MemArc AGFl S.21.0397.0191 (USHMM, ITS Digital Archive/1.1.8.1./10802957).

50) Höpker-Aschoff, Schwalbe 2, Besichtigung am 16.01.1945, BArch R 121/1416. Entsprechend wird das Außenlager in den Dokumenten der SS in der Folge auch unter „Orion“ geführt; mit „Orion I“ und „Orion II“ wurden auch die Häftlingslager bezeichnet.

(51) Vgl. zum Folgenden Günter Böhme, „Bericht eines Augenzeugen zum Außenkommando ‚Königstein-Eselswiese‘ des KZ Flossenbürg“, Mitteilungsheft des Festungsvereins Königstein, S. 26-32.

(52) Höpker-Aschoff, Schwalbe 3, BArch R 121 (wie Anm. 36). Über den substantiellen Gehalt dieser und anderer Zahlenangaben kann hier keine abschließende Aussage getroffen werden.

(53) Stärkemeldung der Wachmannschaften und Häftlinge nach dem Stand vom 28. Februar 1945 und vom 31. März 1945, Arolsen Archives (wie Anm. 35). Diese Relation lag weit höher als bei KZ-Zwangsarbeit in Fabriken.

(54) Aussage Otto H., 12.5.1977, BArch B 162/ZStL IV 410 AR-Z 234/76.

(55) Stärkemeldung der Wachmannschaften und Häftlinge nach dem Stand vom 28. Februar 1945 und vom 31. März 1945, Arolsen Archives (wie Anm. 34).

(56) 1.1.8.0/82108916, ITS Digital Archive, Arolsen Archives. SS-Oberscharführer Schmerse meldete damit zwei weibliche Häftlinge als schwanger im 6. Monat. Der handschriftliche Vermerk „n. Bergen-Belsen“ nennt den geplanten Verlegungsort der beiden Frauen.

(57) Bericht über das Lager Zatzschke der ehemaligen Häftlinge Anneliese M., Mathilde G. und Hedwig K., 18.9.1945, Stadtarchiv Pirna, S 016 (PDS).

(58) Kdo Königstein, Stand am 28.2.45 (handschr. Ergänzung für 17.3.45), 1.1.8.0/ 82107960, ITS Digital Archive, Arolsen Archives.

(59) Aussage Heinrich S., 1.12.1975, BArch B 162/ZStL IV 410 AR-Z 234/76. Das frontferne Leitmeritz wurde in dieser Phase zu einem zentralen Auffanglager für Transporte und Todesmärsche aus ganz Sachsen. Viele Häftlinge starben dort noch kurz vor oder in den Wochen und Monaten nach der Befreiung.

(60) Aussage Rudolf K., 16.4.1969, ebd.

(61) Kdo Mockethal, Stand am 28.2.45 (handschr. Ergänzung für 31.3.45), 1.1.8.0/ 82107962, ITS Digital Archive, Arolsen Archives.

(62) NARA Washington, RG 338, 290/13/22/3, 000-50-46, Box 537.

(63) Aussage Frieda B., 5.2.70, BArch B 162/ZStL 410 AR-Z 101/76.

(64) Aussage Franz F., 29.11.1967, BArch B 162/ZStL 410 AR-Z 8/76, Bl. 44.

(65) Aussage von Samuel L., ebd.

(66) NARA Washington, RG 338; 290/13/22/3; 000-50-46; Box 537.

(67) Funksprüche vom 3. April und 8. April, unverzeichnete Originale in AGFl.

(68) Brenner, „Eiserne ‚Schwalben‘“ (wie Anm. 7), S. 11.

(69) Vgl. hierzu und im Folgenden Gert Link, In der Weißiger Chronik geblättert. Der Stollenbau im Ortsteil Strand, Kopie in AGFl.

(70) https://www.sachsenschiene.net/bahn/str/str032.htm (17.03.2020).

(71) Ergänzungs- und Abschlussbericht zum Vorgang „Opfer des Faschismus“, 2.10.1945, in: Stadtarchiv Pirna, S 016 (PDS).

(72) Schreiben vom 17.12.1957, Betrifft: Kriegsopfergräber [Hervorhebung im Original], Kirchenarchiv Porschdorf. In der Gräberliste sind zwölf Tote aufgeführt, von denen einer nach Italien überführt wurde.

(73) Ines Mallek-Klein, „Ein Grab für Häftlinge aus Italien“, Sächsische Zeitung, 1./2.03.2014; „Kriegsgräber auf dem Porschdorfer Friedhof“, Amtsblatt Bad Schandau Nr. 16/2014, S. 4. Den aus Mehnerts Sicht ärgerlichen Stein des Anstoßes für sein Engagement gab ein kurz zuvor initiiertes und sowohl formal als auch inhaltlich etwas skurriles Bauwerk. Der Bürgermeister von Rathmannsdorf hatte nach einem Vorbild aus Tirol eine Gedenkkapelle zur Erinnerung an ganz unterschiedliche Ereignisse und Gruppen errichten lassen: an Wallfahrer aus dem 14. Jahrhundert, an die Vertriebenen, deren Flucht 1945 am Bahnhof Rathmannsdorf endete und an die KZ-Häftlinge aus Porschdorf, die auf dem Todesmarsch am Kapellenstandort vorbeikamen.

Letzte Aktualisierung: 16. November 2021